Der Stadionberg bei Oberklausen … Spuren des Größenwahns


Donnerstag, 27.07.2023
Wanderführerin: Lisa Rikirsch, 6,5 km



Unsere Hoffnung, diese Wanderung nach der großen Hitze trockenen Fußes genießen zu können, erfüllt sich leider nicht. Der Busfahrer am Hersbrucker Bahnhof ist informiert, dass wir nach Oberklausen wollen. Der Wirt in Hirschbach meinte am Telefon, wir sollen gutes Wetter mitbringen. Daraus wird heute leider nichts. Lisawetter ist alle, das wurde in den zurückliegenden Tagen und Wochen verbraucht. Vom Bus aus suchen wir sofort die Schutzhütte an der Haltestelle in Oberklausen auf und rüsten uns regendicht. Die Kultur- und Wanderführerin informiert uns indessen über den Größenwahnsinn, der hier experimentell erprobt werden sollte.
Am 9. September 1937 legte der „Führer“ höchstpersönlich den Grundstein für das „Deutsche Stadion“ in Nürnberg. Es sollte 420 000 Besucher fassen und die geplanten Ausmaße mit 800 mal 450 Metern waren gigantisch. Ob es vom obersten Rang eines solchen Stadions möglich sein würde, zu erkennen, um welche Sportart es sich unten handelt, dürfte auch Speer, dem Architekten nicht klar gewesen sein. Er suchte deshalb einen günstigen Steilhang in der Nähe von Nürnberg, um die Sichtverhältnisse und die Akustik zu erproben. Davor stehen wir gerade. Auf fünf Rängen sollten 42 000 Zuschauer Platz finden. Die noch vorhandenen Betonfundamente stehen heute unter Denkmalschutz. Das extra aus dem Bayrischen Wald herbeigeschaffte Holz für die Tribünen, welche 400 Zimmerleute aus der Umgebung in 18 Monaten im Schichtdienst erstellt haben, wurde nach dem Krieg für den Wiederaufbau des zerbombten Nachbardorfes Achtel verwendet. Im Frühjahr 1938 erklomm Hitler höchstpersönlich die Tribüne und war so begeistert, dass er den Weiterbau des Stadions in Nürnberg befahl. Die Baugrube dafür ist der heutige Silbersee. Zu mehr reichten Zeit und Geld nicht wegen des Ausbruchs des Krieges.





Wir machen uns nun auf den Weg, durch Oberklausen hinüber zum kleinen Ort Hauseck. Unterhalb des Ortes haben wir noch ein Highlight eingebaut, die Durchgangshöhle am Schlossberg. Auf etwa 20 m Länge kann man in gebückter Haltung den Berg durchqueren. Zweifler und Riesen benutzen nicht einmal das direkt daneben liegende Felsentor, sie gehen einfach unten vorbei. Jetzt beginnt der steile Abstieg beim Fuchsloch, eine ernsthafte Herausforderung. Wegen der Nässe ist der Weg glitschig und unser ständiger Apell, Stöcke zu benutzen verhallt auch hier. Das Ergebnis ist mehrfacher unfreiwilliger Bodenkontakt, zum Glück ohne bleibende Schäden. Wir haben alles gut überstanden und wenden uns nun Hirschbach mit seinem Gasthaus zu. Endlich im Trockenen! Die Bäuche sind voll, jedoch die Bereitschaft sich auf den zweiten Teil des Weges hinüber nach Vorra zu machen, ist nicht gerade überwältigend. Es hat sich mittlerweile kräftig eingeregnet. Demokratisch einigen wir uns, mit dem Bus nach Hersbruck zurück zu fahren. Die Zeit bis dahin nutzen wir mit Kaffee und Kuchen, Eisbecher und sonstigen Köstlichkeiten. Wir versprechen, den „Stadionberg“ nächstes Jahr Ende April wieder zu besuchen. Da blühen ganz viele Orchideen und sonstige geschützte und seltene Pflanzen. Wir werden dann auch mit Wanderstöcken und alpiner Ausrüstung hinaufklettern und von oben über die Stadionreste nach Oberklausen blicken. Und dazu wird die Sonne lachen, wie wir uns das auch heute gewünscht hätten.





Text und Bilder: Roland Rikirsch

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
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