Durch den Steiner Faberpark zur „Alten Mine“
Donnerstag, 20.01.2022
Wanderführerin: Lisa Rikirsch, 9 km
Das Gelände des heutigen Faberparks erwarb 1842 der Bleistiftfabrikant Lothar Faber. Er baute zunächst eine Villa und 1872 das heutige Faberschloss. Villa und Schloss liegen auf dem Stadtgebiet der Stadt Stein. Der eigentliche Park liegt auf Gebiet des Nürnberger Ortsteils Röthenbach bei Schweinau und grenzt im Süden an Eibach. Seit 1981 ist er im Besitz der Stadt Nürnberg und wurde 1984 der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Letzteres ist der Grund, warum wir den Park während unserer heutigen Exkursion erforschen können.
Vom Zwieselbachweg kommend wenden wir uns nach Durchquerung des Laubwaldes dem Röthenbacher Landgraben zu, welcher auf seinem Weg durch den Park den Großen Weiher durchquert und am Ende sich in die Rednitz ergießt. Wir bestaunen den stattlichen Biberdamm und und überqueren die schmiedeeiserne Brücke hinüber zum Rolandsbogen mit seiner künstlich angelegten Ruine. Ein paar Schritte weiter steht das Mausoleum, erbaut als Gedächtnishalle für Lothar von Faber und seine beiden im Kindesalter verstorbenen Söhne Eberhard und Alfred. Am Neuwerksteg überqueren wir die Rednitz und folgen flussaufwärts ihrem Lauf auf einem wildromantischen Ufersteig. Nach Durchquerung des Wiesengrundes steigen wir hinauf zum Ortsrand von Deutenbach und nehmen hier einen der vielen Trampelpfade Richtung Freilandterrarium. Zurück am Neuwerksteg geht es nun flussabwärts, wieder dem Lauf der Rednitz folgend, nach Stein, wo wir in der unteren Wassergasse die alten Fachwerkhäuser bewundern. Während unserer Einkehr beim Griechen überzieht ein Schneeschauer Stadt und Land mit einer weißen Decke.
Um 14:00 Uhr werden wir an der Werkspforte unterhalb des Schlosses in Empfang genommen. Aufgeteilt in Corona gerechte Portionen werden wir in drei Gruppen, á sechs Personen für die Besichtigung der „Alten Mine“, dem Museum der ehemaligen Bleistiftminenfertigung, konditioniert. Die ehemalige Fertigungsstätte steht unten an der Rednitz in denkmalgeschützten Gebäuden. Zum Antrieb der Maschinen und später zur Stromerzeugung war Wasserkraft vonnöten. Rohstoffe für die Minenfertigung waren Ton und Graphit. Letzteres wurde auf jahrelangen Transportwegen aus einer von Lothar Faber in Ostsibirien erworbenen Graphitlagerstätte herangeschafft. Beide Rohstoffe, Ton und Graphit mussten vor der Verarbeitung zu Schreibminen aufbereitet werden. Hierfür waren Brecher und Mahlwerke, Schlämmbecken, Filterpressen, Kneter und Stampfer erforderlich. Bei all diesen Arbeitsgängen entstand Lärm und Staub. Die Folge war, dass die Wände und Decken der Arbeitsräume im Laufe der Zeit genauso schwarz waren wie die Gesichter und Hände der Mitarbeiter am Abend nach zwölfstündiger Arbeit. Dank der sozialen Einstellung ihres Arbeitgebers konnten die Beschäftigten schon damals den Luxus von Bädern, Kindergärten, Bibliotheken und einer Betriebskrankenkasse, sowie Arbeiterwohnungen in Anspruch nehmen. Wie sehr die Mitarbeiter mit ihrem Arbeitgeber verbunden waren zeigt sich vor der evangelischen Kirche, an deren Bau Lothar von Faber auch maßgeblich beteiligt war: Sie stifteten ihrem Arbeitgeber ein Denkmal, was bis heute einmalig ist. Der bis dahin bürgerliche Lothar Faber wurde dank seiner großen sozialen und wirtschaftlichen Verdienste für die Region 1881 in den erblichen Freiherrenstand erhoben. Er durfte sich nun „Lothar von Faber“ nennen.
Beeindruckt von der Führung und den umfangreichen Informationen unserer akribisch vorbereiteten Kulturwartin und Wanderführerin beenden wir unseren Wandertag entlang der langen, mit unzähligen Graffiti verzierten Werksmauer in der Castellstraße, und dem Rückweg durch den Faberpark zu unserem Ausgangspunkt.
Text: Roland Rikirsch, Bilder: Roland Rikirsch und Walter Müller