Von Rednitzhembach zum Industriedorf Sorg
Donnerstag, 17.02.2022
Wanderführerin: Lisa Rikirsch, 11 km
Sturmwarnung ist angesagt! Ich stehe um sieben Uhr auf und beobachte unsere riesige Nordmanntanne vor unserem Schlafzimmerfenster. Absagen geht mir durch den Kopf! Lisa wirft die digitale Kommunikationsmaschinerie an. Verhaltene Absagen stehen Meldungen wie: „Wir laufen um 9:00 Uhr in Schwabach weg und sind um 10:23 wie vereinbart am Bahnhof in Rednitzhembach“ gegenüber. Überwiegend ein positives Echo, da können wir nicht absagen!
Wir verlassen das Haus in strömendem Regen, der hundert Meter weiter schon wieder aufhört. Der Sturm ist recht verhalten. Am Bahnhof warten neun Mitwanderer auf uns. Nachdem wir den Kanal bei Mittelhembach überquert haben, steht die Entscheidung an, ob wir die geplante Route durch den Wald oder die sichere, etwas längere Variante durch bebautes Gebiet gehen wollen. Sonnenschein und kaum Wind führen zu dem Ergebnis 9:2 für die Waldvariante. Hinter Harm erwartet uns ein guter Kilometer Wald, welcher zu durchqueren ist. Unsere Entscheidung erweist sich als goldrichtig. Wenig Wind und im Wald auch keinerlei Anzeichen von Schäden bestätigen unsere Einschätzung. Punkt zwölf erreichen wir die „Bürgerstuben“ in Schwanstetten für unsere geplante Einkehr. Kurz danach gesellt sich eine zweite „Wandergruppe“ zu uns, es sind die „Zauderer“, fein herausgeputzt erscheinen sie zum gemeinsamen Mittagessen mit uns. Ihr Weg führte vom Parkplatz hierher. Keiner nimmt ihnen das übel, freuen wir uns doch, dass sie unsere starke Gemeinschaft durch ihre Anwesenheit zum Ausdruck bringen. Wir haben für die Mittagspause offensichtlich den optimalen Zeitpunkt erwischt: Beim Blick aus dem Fenster sehen wir dichte Graupel- und Regenschauer, dazu ziemlich heftig schunkelnde Bäume. Wir indes genießen die vorzügliche Verköstigung, welche allseits mit großem Lob bedacht wird.
Beim Aufbruch trennen sich unsere Wege wieder: Links die Kurzwanderer, rechts die „richtigen“ Wanderer.
Wiederum entscheiden wir uns für die „gefährliche“ Route durch den Wald. Der Wind ist kaum spürbar, dafür sind wir leichtem Sprühregen ausgesetzt. Der fehlte bisher in unserem Wettermix. Er kann uns aber nicht davon abhalten, Giselas „Schwarzwälder Kirsch“-Likör zu verkosten. Etwas betroffen entschuldigt sie sich danach: „Den hab ich geschenkt bekommen, aber kaufen würde ich mir den wahrscheinlich nicht“. Wie Recht sie hat!
Leicht angefeuchtet lassen wir den Wald hinter uns. Nun kann nichts mehr passieren. Hinter uns die dunklen Regenwolken, vor uns der blaue Himmel. Sorg, unser Ziel ist auch schon sichtbar.
Jetzt folgt der kulturelle Teil der Wanderung. Die Wanderführerin schlüpft in ihre Zweitrolle als Kulturwartin.
Erster Teil: Ausführungen über die Benennung des „Manfred-Horndasch-Weg“ im Neubaugebiet von Sorg. Der Name erinnert an dessen langjährige Verdienste für die Heimatpflege in der Gemeinde, sowie als Kreisheimatpfleger des Landkreises Roth. Auch wir konnten ihn auf etlichen Veranstaltungen im Rahmen der Lehrerfortbildung persönlich kennenlernen.
Zweiter Teil: Sorg als Industriedorf. 1444 wurde der Ort als Schleif- und Sägemühle, sowie als Hammerwerk beschrieben. Ein 16 Meter hoher Wohnturm diente als Lager für die „Zayne“, das waren Roheisenstangen für die Weiterverarbeitung im Hammerwerk zu Nägeln und anderen Produkten. Unter der Straße befindet sich auch heute noch ein begehbares Gewölbe, das zur Quellfassung des Hausbrunnens der ehemaligen Küblerschen Wirtschaft auf der anderen Straßenseite führt.
Der Ort wurde in etlichen Kriegen und Auseinandersetzungen mehrfach zerstört. Erst zu Beginn des 19. Jhd. wuchs Sorg wieder. Ein Glaspolier- und Spiegelwerk entstand. Seit 1879 wurden hier Brillengläser und Linsen für feinoptische Geräte gefertigt. Sehenswert ist auch Schloss Sorg, derzeit im Besitz und sorgfältig renoviert und gepflegt vom ehemaligen, allseits bekannten Fußball-Nationalspieler Manfred Ritschel, dessen Weihnachts-, Oster- und Gartenmärkte besuchenswert sind.
Der Bus bringt uns schließlich, wo findet man das sonst, kostenfrei nach Rednitzhembach zurück. Das Fahrkartenterminal funktioniert nicht, obwohl wir als Wandergruppe angemeldet sind. Den Hinweis des Fahrers, dass wir am nächsten Automaten nachlösen sollten, habe ich vermutlich überhört. Vielleicht werde ich mich daran erinnern, wenn ich irgendwo mal wieder einen Automaten zu Gesicht bekomme.
Fazit der Wanderung: Wir haben uns wohl überlegt, welchen Risiken wir uns bei solcher Wetterlage aussetzen. Unsere langjährigen Erfahrungen haben unsere Entscheidungen bestätigt. Wir danken euch für euer Vertrauen.
Text: Roland Rikirsch, Bilder: Roland Rikirsch und Walter Müller