Landkreis Fürth – BesonderLand 

Wanderführerin: Lisa Rikirsch
Donnerstag, 04.05.2023, 8 km

Für uns als Wanderverein ist heute die Länge der Strecke mit acht Kilometern eher zweitrangig. Der Schwerpunkt liegt bewusst auf der kulturellen Bedeutung mit zwei höchst unterschiedlichen Themen:
• Siebenerweg, Amt und Arbeit der Feldgeschworenen und
• die Langenzenner Stadtkirche - dazu mehr auf unserer Kulturseite

Die Bahn bringt uns von Nürnberg nach Siegelsdorf, wo wir in die Vizinalbahn nach Langenzenn einsteigen.
Als Vizinalbahn bezeichnet man in Bayern Eisenbahnen zur Anbindung von Orten, die fernab der Eisenbahn lagen, aber wichtig waren für das dortige Handwerk und die Industrie, hier besonders die Ziegeleien, denn bereits seit dem Mittelalter wird in Langenzenn Ton abgebaut.
1331 taucht der Name Langenzenn erstmals auf. Die Anfänge des Städtchens an der Zenn liegen aber viel weiter zurück. Auf dem Gelände des ehemaligen Klosters soll sich der Königshof Cinna befunden haben, in dem Otto I am 16. Juni 954 eine wichtige Versammlung oder gar einen Reichstag abhielt.





Wir beginnen unsere Wanderung zu den Steinen der Siebener. Wie immer ist unsere Wanderführerin und Kulturwartin bestens vorbereitet und erzählt uns Wissenswertes über das älteste in Bayern bekannte Ehrenamt.
1596 wurde in Langenzenn das Siebeneramt eingeführt. Weil ursprünglich eine Gruppe von meist sieben Personen zur Regelung und Bestimmung von Grundstücksgrenzen eingerichtet wurde, bürgerte sich der Begriff „Siebener“ ein.

Siebener oder Feldgeschworene helfen bei der Kenn-zeichnung von Grundstücksgrenzen und Flurstücken mit. Sie setzen Grenzsteine höher oder tiefer, entfernen Grenzsteine oder ersetzen beschädigte Vermessungs-punkte. Als Hüter der Grenzen, Mittler bei Grenzstreitig-keiten und Abmarkungen in Gemeindegebieten arbeiten sie eng mit Vermessungsbeamten zusammen. Sie bleiben auf Lebenszeit im Amt. Wegen ihres Wissens um die Grundstücksverhältnisse und die Richterfunktion bei Bodenstreitigkeiten sind die Siebener im Dorf sehr geschätzt.Gegen willkürliche Versetzung durch Unbefugte werden beim Einsetzen der Grenzsteine geheime Zeichen aus Metall, Ton, Glas oder Keramik um den Grenzstein herum ausgelegt. In welcher Art und Weise genau, das wissen nur die Siebener. Die Art dieser Anordnung bezeichnet man als „Siebenergeheimnis“, über die die Siebener Stillschweigen zu halten haben, und die nur mündlich weitergegeben werden.

  

 

Das älteste in Langenzenn gefundene Siebenerzeichen von 1760 hat es sogar beim Wettbewerb „Heimatschätze“, ausgeschrieben vom Bayerischen Heimatministerium und Kunstministerium unter die 100 preisgekrönten Heimatschätze geschafft.
Alljährlich kommen die Feldgeschworenen bei ihren Siebenertagen zusammen, wie man auch im Schwabacher Tagblatt vom 4. Mai nachlesen konnte.








Wir folgen den sieben Steinen, in die der Text des Siebener Liedes eingemeißelt ist – vorbei an einer stillgelegten Tongrube bis zum Siebenerplatz mit Sammlung alter Grenzsteine aus der Region und vielen weiteren interessanten Informationen. So
erfahren wir zum Beispiel, dass ein Grenzstein mit dem eingemeißelten „T“ ein Trieb- oder Hutstein ist. Sie stammen aus dem 16. Jahrhundert und kennzeichnen Rastplätze und Wege, welche durchziehende Viehherden von Ungarn über Deutschland nach Belgien und Frankreich nutzen konnten. Das „T“ stammt von „Trieb“ und „Tratt“, wobei das Triebrecht nur den Durchtrieb gewährte, wogegen das Trattrecht auch die Befugnis, das Vieh zu weiden beinhaltete. Die Weideplätze waren zusätzlich durch ein „Trat-Recht-Steinkreuz“ markiert. Das relativ kleine, auf dem Siebenerplatz stehende Steinkreuz wurde 1968 bei Drainagearbeiten im winzigen Ort Hausen, nur ein paar Kilometer von Langenzenn entfernt, in 1,2 m Tiefe ausgegraben. Es belegt, dass in Hausen einst ein solcher „Tratplatz“ existierte.

Das Mittagessen haben wir dann im „griechischen Delphi“ genossen.

Text: Lisa und Roland Rikirsch

Bilder: Roland Rikirsch und Henry Siggelkow

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
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