Giselas Wunschwanderung oder
Zu den Frauenschuhen bei Lichtenegg
Mittwoch, 16.06.2010
Wanderführerin: Lisa Rikirsch; 14,5 km
Wegen Corona ist der offizielle Wanderplan noch nicht im Lot. Keiner weiß, was stattfindet oder nicht.
Gisela hat sich spontan eine Wanderung zu den Frauenschuhen bei Lichtenegg gewünscht. Diesem Wunsch kommen wir natürlich ebenso spontan nach. Die Kommunikation über den „Buschfunk“ wird angeworfen und ganz außergewöhnlich, an einem Mittwoch, finden sich neun Wanderer am Bahnhof in Hartmannshof ein. Ahnungslos, darf man wohl sagen, denn keiner weiß, was uns eigentlich erwartet.
Dass bis zu 32 Grad zu verkraften sind, konnte jeder im Wetterbericht erfahren. Die Streckenlänge ist auch bekannt. Keiner hat sich jedoch darüber Gedanken gemacht, dass wir von 389 Höhenmetern auf über 600 m aufsteigen werden. Das zieht sich hin, mal rauf, mal runter, nicht in einem Stück sondern in einem Gesamthöhenunterschied von knapp achthundert Metern. Da werden wohl einige Schweißtropfen über Stirn und Rücken Reißaus nehmen. Zu Gute kommt uns, dass der überwiegende Teil der Strecke im schattigen Wald verlaufen wird. Dem Erzweg folgend gelangen wir nach Haunritz, wo wir in einem gepflegten Hausgarten einen armdicken Busch des hier nicht erwarteten, in voller Blüte stehenden Diptam erspähen. Weißes Waldvögelein, Waldanemone, Ackerwachtelweizen, Akelei, Vogelnetzwurz und Kleines Zweiblatt sind unsere Wegbegleiter hinauf zur Ruine der Burg Lichtenegg. Hier oben finden wir neben der überragenden Aussicht über unsere fränkische Heimat den „Österreichischen Ehrenpreis“. Wenige Schritte unterhalb der Burg bedienen wir uns im „Selbstbedienungsrestaurant“ der Gaststätte Raum. Brotzeit und Getränke finden wir in Kühlschränken. Die angegebenen Preise addieren wir selbst und das Geld werfen wir in den dafür vorgesehenen Schlitz. Gegessen wird mit klimaneutralem Holzbesteck. Dass das Gras zwischen den Sitzbänken so hoch wie der Tisch ist darf uns nicht stören. Der Wirt versichert uns am Telefon, dass er zufrieden ist mit den ehrlichen Wanderern. Wechselgeld ist bei diesem Geschäft allerdings nicht vorgesehen.
„Gesättigt und getränkt“ ziehen wir weiter, jetzt dem 34-er, dem Orchideenweg folgend. Rauf, runter, wie oben bereits erwähnt, sammeln wir unsere Höhenmeter. Am „Emilfelsen“ und bei „Hänsel und Gretel“ fühlen wir uns am Höhepunkt. Bei Laune halten uns die oben bereits gelisteten Orchideen. Hinzu kommendes Highlight ist das heidkrautartige „Grünblühende Wintergrün“. Ab dem Türkenfelsen dann die ersten Frauenschuhe, Ziel und Zweck unserer Wanderung. Je weiter wir voranschreiten umso schöner und dichter wird der Bestand. Die Schinderei hat sich gelohnt, das hatten wir uns erwartet. Das Tolle ist, es geht auch nicht mehr bergauf, sondern fast nur noch abwärts. Zu früh gefreut, das zwickt in den Knien schlimmer als aufwärts. Wir nehmen erstmals die 34er-Abkürzung hinab nach Ammerried zurück nach Lichtenegg. Einkehren will hier niemand mehr. Darum schweben wir nun aufrechten Schrittes hinüber nach Guntersrieth und ab hier auf dem unbequemen Schotterweg wieder hinunter nach Hartmannshof.
Allerhöchsten Respekt möchten wir, die Jungen, gut sechzig, bis über siebzigjährigen, unseren Kameraden, die sich bezüglich des Alters eine Dekade höher bewegen, zollen. Sie beweisen: Wandern in der Gruppe ist die optimale Medizin für die wertvollsten Tage des Lebens.
Text und Bilder: Roland Rikirsch